Willst du dir ein hübsch Leben zimmern,
musst dich ums Vergangne nicht bekümmern.
Johann Wolfgang von Goethe
(1749-1832)
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Willst du immer weiter schweifen?
Sieh, das Gute liegt so nah.
Lerne nur das Glück ergreifen,
denn das Glück ist immer da.
Johann Wolfgang von Goethe
(1749-1832)
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Summa summarum
Sag, wie wär es, alter Schragen,
Wenn du mal die Brille putztest,
Um ein wenig nachzuschlagen,
wie du deine Zeit benutztest.
Oft wohl hätten dich so gerne
Weiche Arme warm gebettet;
Doch du standest kühl von ferne,
Unbewegt wie angekettet.
Oft wohl kam's dass du die schöne
Zeit vergrimmtest und vergrolltest,
Nur weil diese oder jene
Nicht gewollt, so wie du wolltest.
Demnach hast du dich vergebens
Meistenteils herumgetrieben;
Denn die Summe unsres Lebens
Sind die Stunden, wo wir lieben.
Wilhelm Busch (1832-1908)
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An eine, die vorüberging
Der Straßenlärm betäubend zu mir drang.
In großer Trauer, schlank, von Schmerz gestrafft,
Schritt eine Frau vorbei, die mit der Hand gerafft
Den Saum des Kleides hob, der glockig schwang;
Anmutig, wie gemeißelt war das Bein.
Und ich, erstarrt, wie außer mich gebracht,
Vom Himmel ihrer Augen, wo ein Sturm erwacht,
Sog Süße, die betört, und Lust, die tötet, ein.
Ein Blitz … dann Nacht! – Du Schöne, mir verloren,
Durch deren Blick ich jählings neu geboren,
Werd in der Ewigkeit ich dich erst wiedersehn?
Woanders, weit von hier! zu spät! soll's nie geschehn?
Dein Ziel ist mir und dir das meine unbekannt,
Dich hätte ich geliebt, und du hast es geahnt!
Charles Baudelaire
(1821-1867)
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Sie sagte statt des leeren "Sie"
Das traute "Du" mir aus Versehen –
Und schon verheißt die Phantasie
Erhörung meines Liebesflehen!
Ich schau sie an glückseliglich,
Nach jedem ihrer Blicke geizend;
Ich spreche laut: "Wie sind Sie reizend!"
Und denke still: "Wie lieb ich dich!"
Alexander Sergejewitsch
Puschkin (1799-1837)
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Abschied
Nun sind sie vorüber, jene Stunden,
Die der Himmel unsrer Liebe gab,
Schöne Kränze haben sie gebunden,
Manche Wonne floss mit ihnen ab.
Was der Augenblick geboren,
Schlang der Augenblick hinab,
Aber ewig bleibt es unverloren,
Was das Herz dem Herzen gab.
Adalbert Stifter (1805-1868)
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Die Geliebte
Die ich mir zum Mädchen wähle,
Soll von aufgeweckter Seele,
Soll von schlanker Länge sein.
Holde Sanftmut, Witz im Scherze
Rührt mein Herze,
Nicht ein glatt Gesicht allein.
Allzu jung taugt nur zum Spielen.
Fleischig sei sie anzufühlen,
Und gewölbt die weiße Brust.
Die Brünette soll vor allen
Mir gefallen:
Sie ist dauerhaft zur Lust.
Setzt noch unter diese Dinge,
Dass sie artig tanz' und singe:
Was ist solchem Mädchen gleich?
Sagt, ihr Menschenkenner, saget:
Wers erjaget,
Hat der nicht ein Königreich?
Johann Peter Uz (1720-1796)